Schloss Bernburg, Blauer Turm

  • Standort: Bernburg
  • Art: Notsicherung und Teilsanierung
  • Status: Fertigstellung 2020
  • Leistungsphasen: 1 - 9

Schadensbilder

Der vorgefundene Zustand des Objektes bei Erstbegehung musste wie folgt festgehalten werden:

  • keine (regelmäßigen) Revisionen des (oberen) Turmes
  • starke Rissbildungen am Turmschaft
  • vielfältige Schäden im Bereich des Turmkopfes

Aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung, insbesondere seit den letzten Überarbeitungen in den 1920/30er und 60er Jahren ist die gesamte Bausubstanz stark angegriffen und zeigt mittlerweile ernstzunehmende Schäden in wesentlichen Traggliedern und Konstruktionsteilen der in Sandsteinbruchmauerwerk erstellten Umfassungsmauern, die deshalb einer grundlegenden Überarbeitung bedürfen.
Die zur genaueren Rissbildanalyse vorgenommene Putzabnahme im Innern des Turmschaftes bestätigte je Innenseite mehrere vertikal verlaufende Risse und raumhohe Fugen mit einer Tiefe von bis zu 1 m. Da die Risse nachweislich in den 1980-90er Jahren letztmalig mit Mörtel geschlossen wurden, muss Bewegung in der Mauerwerkssubstanz in den vergangenen 20-30 Jahren dazu geführt haben, dass die Risse sich wieder um ca. 1 cm geöffnet haben. An den Wänden und Decken der inneren Turmebenen wurden darüber hinaus weitere Entlastungsbögen festgestellt, die ebenso Besorgnis erregende Risse und Gefügelockerungen zeigen. Das Mauerwerksgefüge ist somit nicht mehr homogen, es bewegt sich in diesen Bereichen aufgrund der mehrfachen Gefügeteilung auseinander.
Auch der Turmkopf als ein in Ziegelmauerwerk und Kunststein errichtetes separates Bauteil wies ein von erheblichen Störungen geprägtes Mauerwerksgefüge auf.
Die Untersuchungen der Bausubstanz haben gezeigt, dass dem Auseinanderstreben des Turmschaftes noch mit keiner wirksamen Konstruktion entgegen gewirkt wurde.

Durchgeführte Maßnahmen

Folgende Maßnahmen wurden planungsvorbereitend und planungsbegleitend bereits ausgeführt:

  • digitales verformungsgerechtes Gebäudeaufmaß
  • statisch-konstruktive Bauzustandsanalyse
  • Sondierende Befunduntersuchung und Bauforschung
  • diverse Freilegungsmaßnahmen innen

Danach konnten die weiteren Planungen und vorbereitende Leistungen am und im Gebäude wie folgt durchgeführt werden:

  • Holzschutzgutachten der dringendsten Sanierungsbereiche
  • allgemeine Schadensanalyse mit Ursachenforschung insbesondere am Turmschaft
  • Maßnahmeplanung und Kostenermittlung
  • Bildung sinnvoller Bauabschnitte in Abhängigkeit von zur Verfügung stehender Finanzmittel

Maßnahmen zur Gesamtsanierung in drei Bauabschnitten

Der ausgeführte 1. Bauabschnitt musste die Notsicherung des Turmschaftes mittels temporärer Umgurtung sicherstellen. Erst danach konnten die Mauerwerksuntersuchungen mit notwendigen Bohrungen zur Einschätzung der Mauerwerksqualitäten und Gründungssituation ausgeführt werden.
Anhand der Ergebnisse wurde dann festgelegt, welche Sanierungstechnologie für die langfristige statische Sicherung des Turmschaftes ausgeführt werden muß. Ziel des 1. BA war, die unmittelbare Standsicherheitsgefährdung des Turmschaftes zu beseitigen. Dies konnte durch eine ausgeführte statisch-konstruktive Umgurtung des gesamten Turmschaftes realisiert werden.
Anschließend konnten in einem 2. BA die Sanierung und Teilrekonstruktion des gesamten Dachtragwerkes inkl. Dachreiter und der inneren Holzkonstruktion des Turmes in statisch-konstruktiver und zimmermannsmäßiger Manier einhergehend mit der Wiederherstellung der Dacheindeckung sowie die komplette Mauerwerks- und Kunststeinsanierung und der Verputz der vier Schweifgiebel erfolgen. Sichtbares Zeichen der Wiederherstellung des Turmkopfes ist die anhand von Befunden rekonstruierte Farbfassung des Turmkopfes.
In einem noch ausstehenden 3. Bauabschnitt wäre der derzeit notgesicherte Turmschaft in seinem Mauerwerk und Traggliedern sowie in seiner Außenschale grundhaft zu sanieren, so daß die Notsicherungskonstruktion als derzeit noch sichtbares Zeichen von „statischer Schwäche“ abschließend wieder entfernt werden kann.